Sonntag, 3. Januar 2016

Jahresrückblick: das verflixte 7. Jahr

LDer Kapitän und ich haben uns Silvester 2008/2009 kennen- und lieben gelernt. Somit war 2015 unser 7. Jahr zusammen. Und es war mit Abstand unser bestes. Vor einem Jahr wagten wir nicht davon zu träumen, schon Weihnachten zu dritt verbringen zu dürfen. Vor einem Jahr hieß es WARTEN. Warten auf den Behandlungsbeginn, den wir irgendwann im April vermuteten. Und dann ging es plötzlich schnell. Da wir nichts von der Klinik hörten, rief ich an um nachzufragen. Und wie durch ein Wunder bekamen wir dadurch einen früheren Termin weil ein anderes Paar abgesagt hatte. Erstgespräch also schon im Februar! Ich kann mich noch genau an den magischen Zyklustag 1 erinnern- es war ein sonniger Wintertag Anfang März (ein Sonntag), und wir machten einen Ausflug in einen schönen Vorort ans Wasser. Für mich bedeutete dieser erste Tag damals nur, dass es endlich mal wieder vorwärts gehen würde. Ich wagte nicht zu hoffen, dass dieser Schritt auch tatsächlich endlich Früchte tragen würde. Nein, dank unseres bisherigen langwierigen Weges und all den Geschichten hier aus der Blogwelt war ich auf mehrere Versuche eingestellt. Aber seit Spritzenbeginn lief tatsächlich mal alles wie gewünscht. Mein Körper tat, was von ihm verlangt wurde. Der einzige Wermutstropfen am ganzen Prozess ist, dass es kein einziges Eisbärchen gibt. Damit ist der Traum von einem Geschwisterchen ausgeträumt. Obwohl die Behandlung so gut verlaufen ist, und ich quasi eine Bilderbuchschwangerschaft (abgesehen von dem nervigen Karpaltunnelsyndrom) hatte und jetzt noch mit einem perfekten Kind belohnt worden bin- nochmal muss ich das nicht haben. Ich werde dieses Jahr 40 und eine weitere Behandlung müssten wir dann auch voll selber bezahlen. Nein, ich bin sehr dankbar, ebenso wie der Kapitän, für unsere bezaubernde Prinzessin. Das Schicksal hat es gut mit uns gemeint. Wir sind zu dritt, und das ist einfach gut so.


Ja, das restliche Jahr war dann geprägt von der Schwangerschaft und der Vorfreude auf unsere Madam. Der Bauch wuchs und wir genossen die immer stärker werdenden Bewegungen unter der Bauchdecke. Trotzdem war der Gedanke bis zuletzt unfassbar: da wächst tatsächlich unsere Tochter heran!

Das Leben drum herum nahm an Bedeutung ab. Schlechte Stimmung unter den Kolleginnen prallte eher an mir ab, da dies ja nur noch für kurze Zeit relevant war. Schwierige Eltern im Kindergarten waren ebenso nicht mehr lange mein Problem. Usw.

Und dann das absolute Highlight dieses Jahres: die Geburt am 16.12.

Sie ging los am 15.12. Der Schleimpropf war bereits zwei Tage vorher abgegangen. Seit Tagen hatte ich Vorwehen, die sich wie Regelschmerzen anfühlten. Am 15.12. bemerkte ich morgens um 5.00 Uhr etwas feuchtes zwischen den Beinen und war unsicher, ob es Fruchtwasser sein könnte. Ich rief in der Klinik an und bekam einen Termin für 8.30 Uhr zur Kontrolle. Gegen 6.00 Uhr fingen die Wehen an. Sie waren noch nicht so stark, so dass wir mit Bus und U-Bahn hingefahren sind. Es war nicht das Fruchtwasser, was mich beruhigte, da ich gerne in die warme Badewanne steigen wollte, um den Schmerz besser ertragen zu können. Der Muttermund war morgens 2 cm offen. Wir sind dann erstmal wieder nach Hause gefahren und ich habe mich direkt ins warme Wasser begeben. Nach etwa einer Stunde wurden die Wehen stärker und ich wurde etwas unruhig, weil ich mich nicht allzu spät auf den Weg machen wollte. Eine Freundin von mir hat ihr erstes Kind zuhause bekommen, weil sie es dann doch nicht mehr ins Geburtshaus geschafft hatte. Auch wenn es also unwahrscheinlich ist- auch beim ersten Kind kann es schneller gehen als die Hebammen glauben. Also waren wir gegen 13.00 Uhr erneut in der Klinik, diesmal mit dem Taxi und Gepäck. Die Fahrt war denn auch schon nicht mehr so angenehm aufgrund der Wehen, die alle zwei bis drei Minuten kamen. Wie schon morgens wurde ich wieder an ein Gerät angeschlossen, das die Wehen und die Herztöne des Kindes misst. Außerdem äußerte ich direkt meinen Wunsch, bleiben zu wollen. Keinesfalls wollte ich die Strecke nochmal hin- und herfahren. Zum Glück gab es nichts dagegen einzuwenden. Die Wehen waren zwar noch nicht so stark, aber häufig genug, und der Muttermund war inzwischen 5 cm offen. Es war grad Schichtwechsel, und zu dem Zeitpunkt hofften der Kapitän und ich, dass wir es mit dieser Hebamme und dieser Krankenschwester bis zur Geburt schaffen würden. Die Schicht dauerte immerhin bis 21.00 Uhr. Nun, erst sah es auch ganz danach aus: ziemlich schnell ging es dort wie von mir gewünscht in die Badewanne. Dieser Teil verlief traumhaft. Im Hintergrund lief eine Entspannungs-CD, das Licht war gedämpft und in die Wanne wurde immer wieder neues warmes Wasser gelassen. Ich bekam Smothies und andere Getränke gereicht und konzentrierte mich auf die Atmung während der Wehen und unterhielt mich ansonsten mit unseren beiden Fachkräften. Es ließ sich gut aushalten. Und als ich dann gegen 17.00 Uhr untersucht wurde, war der Muttermund tatsächlich volle 10 cm offen! Ich habe viel Lob bekommen und war unendlich stolz. 10 cm offen- und ganz ohne Schmerzmittel! Es war allerdings noch ein kleine Kante am Gebärmutterhals zurückgeblieben, die den Durchtritt des Kindes verhinderte.  Ich bin erstmal wieder in die Wanne, aber bei erneuter Untersuchung hatte sich hinsichtlich der Kante nichts geändert. Mir wurde daher empfohlen, mal außerhalb der Wanne andere Stellungen auszuprobieren. Die Wehen waren inzwischen stärker, so dass ich mich entschied, Lachgas auszuprobieren. Das war aber nicht mein Ding. Ich spürte keine Wirkung, und es lenkte mich von meiner Atmung ab. Dann haben wir Quaddeln ausprobiert, die beim Setzen aber so weh taten, dass wir das nicht weiter verfolgt haben. Da sich bzgl. der Kante nichts tat, musste ich schließlich an den Wehentropf. Dieser hatte zur Folge, dass die Schmerzen immer unerträglicher wurden. Hinzu kam die Frustration, dass auch eine weitere Untersuchung keine Veränderung hinsichtlich der Kante ergab. Schließlich erschien die PDA die einzige Rettung. Es war schließlich nicht absehbar, wie lange ich diese Wehenstärke noch aushalten sollte. Ich konnte einfach nicht mehr. Es war dann auch wirklich eine Erleichterung. Allerdings zitterte nun mein ganzer Körper wie Espenlaub. Das sei die weichende Anspannung, meinte das Personal, welches in der Zwischenzeit gewechselt hatte. Ich hatte jetzt drei Frauen, die sich um mich kümmerten: eine Hebamme, eine Hebammenschülerin kurz vor dem Examen und eine Krankenschwester. Alle waren sehr nett. Die PDA habe ich wohl etwa um Mitternacht bekommen. Nach einiger Zeit erhöhten sich die Herztöne der Kleinen in den roten Bereich. Es machte sich eine gewisse Unruhe breit, die mich allerdings nicht richtig erfasste. Im Nachhinein würde ich sagen, dass ich intuitiv wusste, dass es ihr gut geht. Jedenfalls wurde eine Ärztin hinzugezogen, die aus dem Kopf der Kleinen eine Blutprobe entnahm, um den Laktatwert zu überprüfen. Der war leicht erhöht, so dass die Ärztin entschied, dass die Kleine jetzt mit der Saugglocke geholt werden müsste. Zu dem Zeitpunkt hätte ich allem zugestimmt, war aber trotzdem froh, dass es kein Kaiserschnitt wurde. Dann ging es ziemlich schnell. Es kamen noch mehr Personen in den Raum, ich glaube, eine Kinderärztin und eine weitere Hebamme. Ging es in all den Stunden bisher um die Atmung zu den Wehen, wurde ich jetzt aufgefordert zu pressen. Und ich presste! Das war vielleicht unangenehm, die Kleine im Geburtskanal zu spüren. Da half wirklich nur pressen. Und dann aus dieser unangenehmen Situation raus schlug meine Stimmung mit einem Mal um: unsere Tochter lag tatsächlich auf meinem Bauch! Sie grunzte leicht und ließ gleich keinen Zweifel aufkommen, dass es ihr gut ging. Da lag sie nun, unter einem Handtuch, noch mit der Nabelschnur mit mir verbunden. Schlagartig war alles andere vergessen. Entgegen meiner Annahme, ich würde in diesem Moment weinen, tat ich das nicht. Dafür kamen dem Kapitän die Tränen. Er war so tapfer die ganze Zeit und hat mir so schön beigestanden. Welch ein Moment. Ich kann euch verraten, dass mir jetzt die Tränen laufen, während ich diese Zeilen schreibe. Nach einiger Zeit durfte er die Nabelschnur durchschneiden. Die Kleine ließ man auf mir liegen. Sie durfte sich in aller Ruhe zur Brust begeben und hat auch wirklich mit kräftigem Zug zu saugen angefangen. Welch ein Wunder der Natur! Ich staune immer noch darüber, dass mein Körper nicht nur einen so perfekten Menschen schaffen konnte, sondern jetzt auch noch voll ernähren kann. Und ich staune auch, dass dieser Mensch mit seinen 3800 Gram zum einen in meinem Bauch gelebt hat, und zum anderen den Weg in die Welt gefunden hat. Nun, die Ärztin muss dazu allerdings einen Dammschnitt machen. Dieser tut immer noch weh, so dass ich davon ausgehe, dass er nicht ganz klein war. Auch wenn die Kleine jetzt geboren war: fertig waren wir noch nicht. Ich lag noch eine ganze Weile auf dem Gynstuhl. Erst wurde auf die Nachgeburt gewartet. Dann musste genäht werden. Anschließend sollte ich auf Toilette. Da wäre ich fast umgekippt, so wackelig war ich auf den Beinen. Es kam dann auch keine Urin, so dass man den mit einem Katheder abzapfen musste. Naja, all das nahm ich nur nebenbei wahr. Hatte ich doch die Kleine auf mir liegen. Bevor wir das Zimmer verließen gab es noch was zu essen. Dann ging es im Rollstuhl in unser Zimmer, in dem wir uns zwei weitere Tage aufhielten bis es dann nach Hause ging.

Das war die Geschichte von der Geburt. Inzwischen sind schon vier Wochen vergangen. Von diesen ersten Wochen zu dritt werde ich ein anderes Mal berichten. Und dann ist es Zeit, hier einen Abschluss zu finden.


2 Kommentare:

  1. Sehr schön. Schon irre was unser Körper so alles kann.

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  2. Ich lese es erst jetzt: Herzlichen Glückwunsch zum Baby. Fast auf den Tag genau ein Jahr später als unser Minimolekül. Unsere ICSI begann übrigens auch an einem Sonntag Anfang März. Wie gesagt, nur alles ein Jahr früher und jetzt läuft unser Nikolauswunder einfach so alleine durch die Gegend. Genießt die Zeit, sie verfliegt...

    Penny

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